Zum Beginn des Jahres 2025 steht Frankreich weiterhin vor politischer und wirtschaftlicher Instabilität, die Bedenken hinsichtlich der Zukunft des Landes aufwerfen. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone sieht sich einem turbulenten Jahr gegenüber, und es gibt wenig Hoffnung, dass die anhaltende Unsicherheit bald verschwinden wird.
Die politische Krise nahm im Sommer 2024 ihren Lauf, als Präsident Emmanuel Macron vorgezogene Parlamentswahlen anberaumte. Diese Wahlen führten jedoch zu keinem klaren Ergebnis, da sowohl die radikale Linke als auch die radikale Rechte den Sieg für sich beanspruchten. Inmitten des politischen Machtkampfs übernahm Macron eine zentristische, konservative Regierung, die jedoch nur von kurzer Dauer war. Die Streitigkeiten über den Haushalt 2025 führten zu deren Fall, als im Dezember ein Misstrauensvotum – maßgeblich angestoßen durch die radikale Linke und Rechte – das Ende der Regierung besiegelte.
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Eine neue Minderheitsregierung ist nun im Amt, steht jedoch vor den gleichen Herausforderungen wie ihre Vorgängerin: Wie kann man die politischen Rivalen in der Nationalversammlung dazu bringen, den Ausgaben- und Steuerplänen für 2025 zuzustimmen, die das Haushaltsdefizit verringern sollen, das 2024 voraussichtlich 6,1 % betragen wird? Zudem liegt die Staatsverschuldung bei 112 % des Bruttoinlandsprodukts, was weit über den EU-Vorgaben liegt.
Politische Blockade und Marktbedenken
Die anhaltende politische Turbulenz erschüttert weiterhin die Finanzmärkte und schürt Sorgen über die wirtschaftliche Zukunft des Landes. Die Ratingagentur Moody’s senkte kürzlich Frankreichs Kreditwürdigkeit und warnte, dass die politische Fragmentierung die Bemühungen um eine Stabilisierung der Finanzen behindern könnte. Die Agentur prognostizierte, dass dies zu einer erheblichen Schwächung der öffentlichen Finanzen in den kommenden Jahren führen werde. Während die meisten europäischen Märkte 2024 leichte Gewinne verzeichnen konnten, hatte der französische CAC 40-Index aufgrund der politischen Unsicherheit einen Rückgang von 2,2 % zu verzeichnen.
Macron räumt Fehler ein
Trotz wiederholter Rücktrittsforderungen weigerte sich Präsident Macron, vorgezogene Präsidentschaftswahlen anzusetzen. In seiner Neujahrsansprache räumte er jedoch ein, dass seine Entscheidung, die Nationalversammlung 2024 aufzulösen, mehr Probleme als Lösungen für Frankreich geschaffen habe.
„Wir sind auch mit politischer Instabilität konfrontiert, und das ist nicht nur spezifisch für Frankreich. Auch bei unseren deutschen Freunden, die gerade ihre Versammlung aufgelöst haben, sehen wir das. Aber es beunruhigt uns zurecht“, sagte Macron. „Ich muss heute Abend zugeben, dass die Auflösung des Parlaments im Moment mehr Spaltungen in der Versammlung gebracht hat als Lösungen für die Franzosen. Ich übernehme die volle Verantwortung dafür.“
Wirtschaftliche Herausforderungen in Aussicht
Auch die wirtschaftliche Lage Frankreichs sieht düster aus. Das Land hat seit 25 Jahren keine fiskalischen Regeln eingehalten, und die aktuelle Situation deutet auf weitere Schwierigkeiten hin. Der neue Premierminister François Bayrou warnte kürzlich, dass Frankreich vor einer riesigen Aufgabe steht, um das Defizit und die Schulden zu bewältigen und gleichzeitig die politische Spaltung zu überwinden.
Wirtschaftsexperten prognostizieren eine schwierige Zeit für das Land. Charlotte de Montpellier, Chefökonomin bei ING für Frankreich und die Schweiz, erklärte: „Die französische Wirtschaft steht vor einem schwierigen Winter, mit der Wahrscheinlichkeit einer Stagnation und einer Rezession, die nicht ausgeschlossen ist.“ Sie sagte eine bescheidene BIP-Wachstumsrate von nur 0,6 % für 2025 voraus, was einen Rückgang im Vergleich zu den 1,1 % im Jahr 2024 darstellt.
Andre Sapir, Senior Fellow des Brüsseler Think Tanks Bruegel, teilt diese Sorgen und stellt fest, dass die neue Regierung vor denselben Herausforderungen wie ihre Vorgängerin steht: die Haushaltslücke zu füllen und fiskalische Probleme zu lösen. „Es wird nicht einfach sein, aber ich denke, die Lebensdauer dieser Regierung wird länger sein als die der letzten“, so Sapir.
Politische Spannungen und die Möglichkeit vorgezogener Wahlen
Trotz der Bemühungen, sich auf die wirtschaftliche Stabilisierung zu konzentrieren, bleiben die politischen Spannungen bestehen. Die politische Kluft zwischen der radikalen Linken, der radikalen Rechten und Macrons zentristischer Partei ist nach wie vor groß. Sapir glaubt, dass die neue Regierung Schwierigkeiten haben wird, bedeutende Fortschritte bei den wichtigsten fiskalischen Themen zu erzielen, da die politische Lage in Frankreich stark auf die Präsidentschaftswahlen 2027 ausgerichtet ist.
„Die neue Regierung hat im Wesentlichen die gleiche Aufgabe wie die vorherige sehr kurzlebige Regierung, nämlich einen Teil des Haushaltslochs zu füllen“, so Sapir. „Das wird nicht einfach, aber ich denke, die Lebensdauer dieser Regierung wird länger sein als die der letzten.“
Sollte die neue Regierung Bayrou durch ein weiteres Misstrauensvotum gestürzt werden, könnten die Forderungen nach Macrons Rücktritt erneut lauter werden. Es gibt jedoch innerhalb der politischen Parteien unterschiedliche Auffassungen darüber, ob vorgezogene Präsidentschaftswahlen für ihre jeweiligen Interessen vorteilhaft wären. Besonders die radikale Linke und die radikale Rechte sehen 2025 als ideale Gelegenheit für eine frühere Wahl, wobei sowohl Jean-Luc Mélenchon von „La France Insoumise“ als auch Marine Le Pen von der „Nationalen Rallye“ Chancen auf einen Wahlsieg wittern.
Fazit
Abschließend lässt sich sagen, dass Frankreichs politische und wirtschaftliche Unsicherheit auch 2025 ein dominierendes Thema bleiben wird. Die Herausforderungen, politische Gräben zu überwinden und die drängendsten fiskalischen Probleme anzugehen, sind nicht leicht zu lösen. Die neue Minderheitsregierung steht vor einem steilen Aufstieg, mit begrenztem Zeitrahmen und Ressourcen, um die drängendsten Sorgen des Landes anzugehen. Auch wenn manche hoffen, dass politische Stabilität zurückkehren mag, ist die Realität, dass wirtschaftliche Stagnation und zunehmende politische Polarisierung Frankreich in den kommenden Monaten prägen werden.
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