Die SKW Stickstoffwerke Piesteritz, Deutschlands größter Ammoniak- und Harnstoffproduzent, sieht sich gezwungen, eine von zwei Ammoniakanlagen für unbestimmte Zeit stillzulegen. Gründe sind gestiegene Energiepreise, teure Auflagen wie die CO₂-Steuer und ein starker Wettbewerbsdruck durch billige Importe russischer Düngemittel. Geschäftsführerin Antje Bittner betonte, dass die Politik bisher keine wirksamen Maßnahmen gegen diese Marktentwicklungen unternommen habe.
picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt
Das Unternehmen mit einer Jahresleistung von über vier Millionen Tonnen Düngemitteln und Industriechemikalien warnt seit Jahren vor den Folgen dieser Rahmenbedingungen. „Wir tragen seit Jahrzehnten Verantwortung für die stabile Versorgung der Landwirtschaft. Doch wirtschaftlich ist dies nicht länger tragbar“, so Bittner.
Hohe Kosten und Regulierungen belasten die Düngerindustrie
Die deutsche Düngerproduktion steht durch massive Energiekosten und regulatorische Vorgaben vor einer Zerreißprobe. SKW-Geschäftsführer Carsten Franzke fordert unter anderem die Abschaffung der Gasspeicherumlage und eine Überarbeitung des CO₂-Zertifikatesystems. „Die Energienebenkosten müssen dringend auf das Niveau vor 2022 zurückgeführt werden“, sagte Franzke. Andernfalls sei eine wettbewerbsfähige Produktion in Deutschland nicht mehr möglich.
Auch der wichtige Zusatzstoff AdBlue®, unerlässlich für die Logistikbranche, ist betroffen. Ein Produktionsausfall könnte sich direkt auf die Lieferketten auswirken und leere Supermarktregale zur Folge haben. Franzke warnt vor den langfristigen Konsequenzen: „Die Abwanderung heimischer Industrie und der Verlust von Arbeitsplätzen sind bereits Realität.“
Regionale Bedeutung und politische Warnungen
Mit 860 Beschäftigten und zahlreichen Partnerunternehmen ist SKW ein zentraler Wirtschaftsfaktor in der Region Wittenberg. Für Torsten Zugehör, den Oberbürgermeister von Wittenberg, ist es unverständlich, dass ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen in eine solche Krise gerät. Landrat Christian Tylsch forderte die Bundesregierung auf, die Rahmenbedingungen anzupassen, bevor weitere Arbeitsplätze verloren gehen.
Das Traditionsunternehmen, das zu DDR-Zeiten einer der größten Arbeitgeber der Region war, sieht sich nun existenziell bedroht. Die wirtschaftlichen Auswirkungen könnten über Wittenberg hinaus spürbar werden.
Forderungen an die Bundesregierung
Die SKW-Geschäftsführung fordert ein schnelles Handeln der Politik: niedrigere Energiekosten, eine Reform der CO₂-Zertifikate und faire Wettbewerbsbedingungen auf dem europäischen Markt. „Es helfen keine ideologisch geprägten Analysen – wir leben in der Realität“, so Franzke.
Ohne politische Unterstützung droht der deutschen Düngemittelindustrie ein weiteres Schrumpfen, was nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch die landwirtschaftliche Versorgungssicherheit gefährdet. „Wenn die Politik nicht handelt, wird die deutsche Industrie immer mehr zum Zuschauer auf dem globalen Markt“, warnt das Unternehmen abschließend.
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