Eine Geschichte voller Stolz und Schwierigkeiten
Nach fast 193 Jahren geht die traditionsreiche Firma Langheinrich aus Schlitz endgültig in die Geschichte ein. Der Hersteller von hochwertigen Leinentischtüchern, einst eine Ikone der deutschen Textilindustrie, hat den Betrieb eingestellt. “Seit 22 Jahren habe ich mich mit Herz und Seele für das Unternehmen eingesetzt – das war mein Lebenswerk”, erklärte der tief bewegte Inhaber Burkhard Oel.
picture alliance / CHROMORANGE | Karl Heinz Spremberg
Verlagerung nach Osteuropa wurde zum Bumerang
Schon seit Jahren kämpfte das Unternehmen mit wirtschaftlichen Problemen. Die Entscheidung, Teile der Produktion nach Belarus auszulagern, erwies sich als strategischer Fehler. Sanktionen gegen das Land, das Russland im Ukraine-Krieg unterstützt, führten zu massiven Einschränkungen. Ein späterer Versuch, die Produktion nach Usbekistan zu verlagern, brachte ebenfalls nicht den erhofften Erfolg. “Wir hatten 30 Prozent Umsatzrückgang”, erklärte Oel. Die Insolvenz war letztlich unvermeidlich, und am 1. November 2024 wurde das Verfahren offiziell eröffnet. Rechtsanwalt Dirk Ritzenhoff wurde zum Insolvenzverwalter bestellt, und Gläubiger konnten ihre Forderungen bis zum 23. Dezember 2024 anmelden.
Tragischer Abschied für Mitarbeiter und Stadt
Die Schließung betrifft auch die 13 verbliebenen Mitarbeiter, die nun ihre Zukunft neu planen müssen. Bürgermeister Heiko Siemon drückte sein Bedauern aus: “Langheinrich war nicht nur ein wirtschaftliches Aushängeschild unserer Stadt, sondern auch ein bedeutender Arbeitgeber.” Mitarbeiter erhielten ihre Übergangsgehälter, jedoch teilweise mit Verzögerungen. Der wirtschaftliche Verlust ist auch ein schwerer Schlag für die Region, die auf eine lange Tradition in der Leinenindustrie zurückblicken kann.
Zukunft der Immobilie
Ein Lichtblick bleibt: Die Immobilie in der Bahnhofstraße soll künftig Start-ups beherbergen. Inhaber Andreas Rebmann berichtet, dass sich dort bereits verschiedene junge Unternehmen angesiedelt haben. “Dies ist ein Zeichen, dass wir aus dem industriellen Erbe Schlitz’ eine neue Zukunft formen können”, so Bürgermeister Siemon.
Ein Verlust, der nachwirkt
Für den kleinen Ort Schlitz, bekannt für seine imposante Weihnachtsdekoration, endet damit ein Stück Identität. Langheinrichs Schicksal verdeutlicht die Herausforderungen, vor denen viele Traditionsfirmen stehen. Der globalisierte Markt, veränderte Kundenbedürfnisse und politische Risiken schaffen ein Umfeld, das selbst gestandene Unternehmen vor große Hürden stellt. Ein leiser Abschied, der dennoch laut nachhallt.
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