EZB-Zinssenkungen: Warum die Märkte skeptisch bleiben
Die Europäische Zentralbank (EZB) bleibt standhaft und hält an ihrem Plan fest, die Zinsen weiter zu senken – trotz wachsender Skepsis auf den Märkten. In einer Zeit, in der die Inflation wieder Fahrt aufnimmt, die Fed eine restriktivere Haltung einnimmt und der Euro weiter an Wert verliert, stellen sich viele die Frage: Kann die EZB ihren Kurs halten, ohne die wirtschaftliche Stabilität zu gefährden?
Quelle:DPA
Die Strategie der EZB: Trotz Gegenwindes Richtung Zinssenkung
EZB-Ratsmitglieder wie Francois Villeroy de Galhau und Yannis Stournaras betonen, dass der Einlagensatz bis Mitte 2025 von derzeit 3 % auf 2 % sinken soll. Analysten prognostizieren, dass dieser bis Ende 2025 sogar auf 1,75 % fallen könnte. Damit folgt die EZB ihrem Ziel, die Inflation auf das angestrebte Niveau von 2 % zu bringen und die Konjunktur im Euroraum zu stützen.
Frankreich, vertreten durch den Gouverneur der Banque de France, Francois Villeroy de Galhau, unterstützt diesen Kurs der EZB nachdrücklich. Mit einer Staatsverschuldung, die im zweiten Quartal 2024 ein Allzeithoch von 3,228 Billionen Euro (etwa 110,6 % des BIP) erreichte, profitiert Frankreich von niedrigeren Zinsen, da diese die Zinslast des hochverschuldeten Landes erheblich reduzieren könnten.
Die nächste geldpolitische Sitzung der EZB ist für den 30. Januar 2025 geplant. Marktbeobachter erwarten, dass die Zentralbank ihren Kurs der vorsichtigen Zinssenkungen fortsetzen wird. Dennoch gibt es innerhalb des EZB-Rats unterschiedliche Ansichten über das Tempo und das Ausmaß der Zinssenkungen, was die Märkte weiterhin verunsichert. „Die Märkte reagieren oft zu schnell“, erklärt Gilles Moec, Chefvolkswirt bei AXA Investment Managers.
Inflationsrisiken und ein schwächelnder Euro
Der Euro hat seit September über 8 % seines Wertes gegenüber dem Dollar eingebüßt und droht, die Parität zu erreichen. Dies erhöht das Risiko eines weiteren Inflationsschubs, der die Verbraucherpreise in Europa zusätzlich belasten könnte. Dennoch bleibt die EZB optimistisch und erwartet einen allgemeinen Rückgang des Preisauftriebs bis 2025. Laut Ludovic Subran, Chefvolkswirt der Allianz, liegt der Fokus der EZB aktuell mehr auf dem Wachstum als auf der Bekämpfung der Inflation.
Märkte zweifeln an der Umsetzbarkeit
Die Finanzmärkte haben ihre Erwartungen an die Anzahl der Zinssenkungen reduziert. Bis Juni 2026 werden nur noch drei Schritte um jeweils 0,25 Prozentpunkte erwartet, statt der ursprünglich geplanten vier. Bereits im Dezember 2024 senkte die EZB den Einlagensatz um 0,25 Prozentpunkte auf 3,0 %. Die restriktive Haltung der Fed und die robuste Entwicklung des US-Arbeitsmarkts spielen hierbei eine entscheidende Rolle. Laut Christian Keller von Barclays könnte die EZB durch den Wechselkurs unter Druck geraten, große Abwertungen des Euro zu vermeiden.
Wachsender Gegenwind aus der Wirtschaft
Mit politischen Spannungen in Deutschland und Frankreich, steigenden Staatsverschuldungen und unsicheren Zukunftsaussichten gerät die EZB-Politik immer mehr in die Kritik. Frankreichs hohe Schuldenlast ist dabei ein zentrales Thema: Niedrigere Zinsen sind für das Land entscheidend, um die fiskalische Stabilität zu bewahren. Dennoch mahnen Kritiker, dass eine zu starke Absenkung der Zinsen strukturelle Probleme nicht lösen kann. Robert Holzmann, bekannt als einer der Falken im EZB-Rat, sieht die Entscheidung für die nächste Sitzung am 30. Januar noch als offen an. Unterdessen bemängeln Experten, dass die Zinssenkungen die strukturellen Probleme der Eurozone nicht lösen können. „Zinssenkungen werden mehr und mehr zur Notwendigkeit, aber sie lösen das Problem nicht“, so ein Marktkommentator.
Fazit: EZB unter Druck
Die EZB steht vor einer schwierigen Balance zwischen Wachstumsförderung und Inflationsbekämpfung. Ihre Strategie wird von vielen als riskant betrachtet, insbesondere angesichts der internationalen Unsicherheiten und der zunehmenden Skepsis der Märkte. Ob die angestrebten Zinssenkungen tatsächlich umgesetzt werden können, bleibt abzuwarten. Eines ist jedoch sicher: Die kommenden Monate werden richtungsweisend für die Geldpolitik in Europa sein.
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