Zahlungsverzögerungen und ihre Folgen
Die finanzielle Situation vieler französischer Unternehmen hat sich im Jahr 2024 drastisch verschlechtert. Zahlungsverzögerungen haben einen neuen Höchststand erreicht: 85 Prozent der Unternehmen gaben an, von verspäteten Zahlungen betroffen zu sein – ein deutlicher Anstieg gegenüber den 82 Prozent im Vorjahr. Besonders besorgniserregend ist die Verlängerung der durchschnittlichen Zahlungsdauer von 38 auf 40 Tage. Kleinstunternehmen (VSEs) sind hierbei am stärksten belastet, da sie im Schnitt 45 Tage auf ihre Zahlungen warten müssen.
Diese Verzögerungen führen nicht nur zu Liquiditätsengpässen, sondern auch zu einer gefährlichen Abwärtsspirale. Über die Hälfte der Kleinstunternehmen berichtet von existenzbedrohenden Auswirkungen, während 39 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und sogar 21 Prozent der größeren Unternehmen mit finanziellen Engpässen zu kämpfen haben.
picture alliance/dpa/MAXPPP | Stéphanie Para
Insolvenzen auf Rekordniveau
Die Folgen dieser Entwicklung sind gravierend: Zwischen Januar und Juli 2024 wurden in Frankreich 39.506 Unternehmensinsolvenzen registriert – ein alarmierender Anstieg von 23 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und 26 Prozent im Vergleich zu den Zahlen vor der Pandemie. Besonders betroffen sind die Transportbranche (+40 Prozent) und das Baugewerbe (+35 Prozent).
Mit der Zunahme von Insolvenzen wächst auch die Gefahr eines Dominoeffekts, da insolvente Firmen ihre Gläubiger in den Abgrund reißen könnten. Experten warnen, dass diese Dynamik die gesamte Wirtschaft destabilisieren könnte.
Steigende Zahlungsfristen verstärken die Krise
Trotz der angespannten Lage gewähren 97 Prozent der Unternehmen weiterhin Zahlungsfristen – ein paradoxes Verhalten, das ihre eigene Liquidität zusätzlich gefährdet. Die durchschnittliche Frist stieg 2024 auf 51 Tage, wobei Kleinstunternehmen mit 44 Tagen kürzere Fristen setzen als größere Firmen, die sich 60 Tage leisten können.
Die längeren Zahlungsfristen sind eine zweischneidige Strategie: Einerseits sichern sie Geschäftsbeziehungen, andererseits erhöhen sie das Risiko finanzieller Instabilität.
Maßnahmen gegen die Krise dringend erforderlich
Angesichts dieser alarmierenden Lage fordern Wirtschaftsvertreter wie Alain Di Crescenzo, Präsident von CCI France, schnelle und entschlossene Maßnahmen. Die Politik müsse Unternehmen stärker unterstützen, etwa durch die Möglichkeit, staatlich garantierte Kredite flexibler zurückzuzahlen. Zudem seien Programme zur Förderung von Liquidität und Innovation notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit französischer Firmen zu sichern.
Ein langfristiger Rettungsplan ist nötig
Mit fast 700.000 Unternehmen, die in den nächsten fünf Jahren übergeben werden müssen, kommt ein weiteres Problem auf die Wirtschaft zu. Ohne geeignete Käufer droht ein massiver Verlust an Arbeitsplätzen und Fachwissen. „Wir stehen vor einem Transfer-Tsunami“, warnt Di Crescenzo und fordert gezielte Maßnahmen, um den Unternehmensübergang zu erleichtern und den Mittelstand zu stabilisieren.
Die Kombination aus steigenden Insolvenzen, erodierenden Margen und politischer Unsicherheit hat die französische Wirtschaft an einen kritischen Wendepunkt gebracht. Ohne entschlossenes Handeln drohen langfristige Schäden, die weit über die Grenzen einzelner Branchen hinausgehen.
Leave a comment