Dramatische Lage der Autoindustrie
Die europäische Automobilindustrie steht vor einer ihrer größten Herausforderungen: 13 Millionen Arbeitsplätze hängen direkt oder indirekt an der Branche, die allein sieben Prozent zum BIP der EU beiträgt. Mit einem Drittel der privaten Forschungs- und Entwicklungsausgaben in Europa ist die Autoindustrie das Herzstück des Kontinents. Doch laut Ola Källenius, Mercedes-Chef und neuer Präsident des europäischen Automobilverbands ACEA, könnten falsche politische Entscheidungen die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft Europas gefährden.
picture alliance/dpa | Uli Deck
Milliardenstrafen drohen
Besonders kritisch sind die strikten CO₂-Emissionsziele der EU, die bei Nichterreichung hohe Strafen nach sich ziehen. Laut aktuellen Schätzungen drohen der Autoindustrie bei Verfehlung der Vorgaben Strafzahlungen von bis zu 15 Milliarden Euro. Diese finanziellen Belastungen könnten dringend benötigte Mittel für Forschung und Entwicklung abziehen und die Transformation hin zu nachhaltiger Mobilität weiter erschweren. „Die Politik muss jetzt handeln, um die Wettbewerbsfähigkeit der Branche zu sichern“, so Källenius.
Dekarbonisierung ja, aber realistisch!
Källenius fordert in einem offenen Brief an die EU-Spitze eine marktorientierte und flexible Strategie zur Dekarbonisierung. Der European Green Deal müsse überarbeitet werden, um diesen flexibler zu gestalten und die Dekarbonisierung in ein profitables Geschäftsmodell zu verwandeln. „Wir brauchen einen Ansatz, der unsere Wettbewerbsfähigkeit nicht gefährdet, sondern stärkt,“ betonte er. Außerdem sei der Ausbau der Ladeinfrastruktur und die Einführung staatlicher Anreize für den Kauf von Elektrofahrzeugen entscheidend, um die Marktdurchdringung von emissionsfreien Autos zu beschleunigen.
Fehlgeleitete EU-Politik bedroht Innovation
Europa setze noch immer auf veraltete Prognosen, kritisiert Källenius. Statt starrer Vorschriften brauche es eine sektorübergreifende Zusammenarbeit. Ladeinfrastruktur, erneuerbare Energien und die Versorgung mit kritischen Rohstoffen müssten priorisiert werden. „Die Politik muss mit der Realität Schritt halten und die Wettbewerbsfähigkeit Europas sichern,“ so der ACEA-Präsident.
Handelskonflikte mit USA und China vermeiden
Zusätzlich bereiten die Handelsbeziehungen zu den USA und China große Sorgen. Die EU steht vor der Herausforderung, geplante Strafzölle der USA auf europäische Autoimporte zu verhindern, um einen Handelskrieg abzuwenden. Gleichzeitig betonte Källenius, dass stabile Handelsbeziehungen zu China entscheidend seien, da das Land ein zentraler Markt für europäische Hersteller bleibe. „Freihandel war der Motor unseres Wohlstands. Wir können es uns nicht leisten, diesen Vorteil zu verlieren“, erklärte er.
Einheitliche Stimme der Autoindustrie
Mit der Wiederaufnahme von Stellantis in den ACEA zeigt die europäische Autoindustrie Geschlossenheit. Der scheidende ACEA-Präsident und Renault-CEO Luca de Meo betonte, dass die Rückkehr des Herstellers die Stärke einer gemeinsamen Stimme in der Branche unterstreicht. Dies sei in Zeiten wirtschaftlicher und politischer Unsicherheit wichtiger denn je.
Zukunft der Mobilität
Abschließend appelliert Källenius: „Europa steht vor einem Wendepunkt. Mit den richtigen politischen Rahmenbedingungen kann diese Transformation eine Chance sein, um noch stärker aus der Krise hervorzugehen.“ Der Druck auf die Politik wächst – und die Uhr tickt.
Handlungsbedarf jetzt
Die Zukunft der europäischen Autoindustrie entscheidet nicht nur über Millionen Arbeitsplätze, sondern auch über die Wettbewerbsfähigkeit eines ganzen Kontinents. Die Politik ist gefordert, jetzt die Weichen richtig zu stellen.
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