Das Volkswagen-Werk Osnabrück steht am Scheideweg. Nach Jahren der Produktion soll 2027 das letzte Volkswagen T-Roc Cabriolet vom Band rollen. Doch was geschieht danach mit dem traditionsreichen Werk, das einst unter dem Namen Karmann automobile Geschichte schrieb?
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Chinesische Hersteller bevorzugen Osteuropa
Ein Hoffnungsschimmer schien sich Ende 2024 abzuzeichnen, als Gespräche mit einem chinesischen Automobilhersteller begonnen hatten. Doch die Hoffnung erlosch schnell. Bereits vor Jahreswechsel zogen die chinesischen Verhandlungspartner zurück. Der Grund: Die Produktionskosten in Deutschland sind im internationalen Vergleich zu hoch. Osteuropa bietet deutlich günstigere Bedingungen – ohne die Nachteile eines Hochlohnlandes wie Deutschland.
Während BYD (Build Your Dreams), der weltweit größte Hersteller von Elektroautos, ab nächstem Jahr in Ungarn produzieren wird, plant Chery ein Werk in Spanien. Leapmotors fertigt bereits im polnischen Werk seines Partners Stellantis. Deutsche Standorte, so scheint es, sind für chinesische Unternehmen kaum noch interessant. Laut Berichten setzen viele chinesische Hersteller gezielt auf Osteuropa, um von günstigeren Rahmenbedingungen und flexiblerer Politik zu profitieren.
Von “Made in Germany” zur Randnotiz
Die einst glanzvolle Marke “Made in Germany” verliert weiter an Strahlkraft. Die Produktionskosten in Deutschland schrecken internationale Investoren zunehmend ab, insbesondere wenn alternative Standorte innerhalb der EU attraktive Bedingungen bieten. Ein weiterer Aspekt ist die politische Unsicherheit: So haben EU-Strafzölle auf chinesische Elektroautos das Interesse an deutschen Standorten weiter geschmälert. Während einige Länder wie Polen für ihre Zustimmung zu diesen Maßnahmen sanktioniert wurden, bevorzugen Investoren Länder mit neutraler oder kooperativer Haltung.
Ein Ladenhüter als letztes Modell
Der Volkswagen T-Roc Cabriolet, der aktuell in Osnabrück gefertigt wird, hat sich als Flop erwiesen. Leasingangebote weit unter 200 Euro im Monat sprechen Bände. Noch dramatischer: Die Hoffnung, mit der Elektrostrategie von Porsche eine Zukunft für das Werk zu sichern, hat sich zerschlagen. Modelle ohne klassischen Verbrennungsmotor treffen nicht den Geschmack der Porsche-Zielgruppe und werden kaum verkauft.
Rettung durch die Rüstungsindustrie?
Zuletzt kursierten Gerüchte über einen möglichen Verkauf des Werks an einen Rüstungskonzern. Eine spektakuläre Wendung, die jedoch auf starken Widerstand der IG Metall stoßen könnte. Während für die Stammwerke des Volkswagen-Konzerns Bestandsgarantien verhandelt wurden, fehlt eine solche für Osnabrück. Zusätzlich wird spekuliert, dass chinesische Unternehmen durch die Ansiedlung in Deutschland auch politische Vorteile innerhalb der EU erlangen könnten. Dennoch scheint Osteuropa weiterhin die bevorzugte Option zu bleiben.
Die Konsequenzen für Osnabrück
Rund 2.500 Beschäftigte bangen um ihre Zukunft. Ein Verkauf oder eine Schließung des Werks würde nicht nur Volkswagen treffen, sondern die gesamte Region Osnabrück. Lieferanten, Zulieferer und Dienstleister wären massiv betroffen. Der Abzug eines so wichtigen Arbeitgebers könnte eine wirtschaftliche Abwärtsspirale in der Region auslösen. Bereits jetzt sind die Auswirkungen spürbar: Die Region leidet unter den anhaltenden Unsicherheiten und sucht händeringend nach Lösungen.
Dringender Handlungsbedarf
Politik und Wirtschaft sind gleichermaßen gefordert, um innovative Lösungen zu finden. Könnten Steuererleichterungen oder Subventionen die Attraktivität des Standorts erhöhen? Ist ein Umbau des Werks zu einem Produktionsstandort für Zukunftstechnologien möglich? Laut Berichten prüft Volkswagen auch alternative Nutzungskonzepte, um die Standorte in Osnabrück und Dresden zukunftsfähig zu machen. Die Zeit drängt. Sollte kein rettender Plan gefunden werden, könnte das Volkswagen-Werk Osnabrück zur traurigen Symbolfigur des Niedergangs der deutschen Automobilindustrie werden.
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