Deutschland steckt in der Krise – zwei Jahre in Folge schrumpft die Wirtschaft. Die Arbeitslosigkeit liegt bei sechs Prozent, und die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Es braucht dringend eine Wende. Clemens Fuest, der Vorsitzende des Ifo-Instituts, warnt davor, dass der nächste Regierung nur ein Weg bleibt: Kürzungen bei den Sozialtransfers.
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Deutschland hat das geringste Arbeitszeitniveau der OECD
„Jede neue Regierung wird etwas bewegen müssen“, erklärt Fuest in einer seiner jüngsten Aussagen. Doch der Ökonom weiß genau, wo die größten Stellschrauben angesetzt werden müssen. Der deutsche Sozialstaat, so gut entwickelt er auch ist, hat eine fatale Auswirkung auf die Motivation zum Arbeiten. Für Geringverdiener lohne sich oft der Einsatz von mehr Arbeitsstunden schlichtweg nicht. Fuest verdeutlicht dies am Beispiel einer vierköpfigen Familie, deren Einkommen durch staatliche Leistungen – wie etwa die Wohnbeihilfe – gedeckt wird. Sobald das Arbeitspensum steigt, bleiben von zusätzlichen Stunden nur Bruchteile des ursprünglichen Einkommens übrig. Das Ergebnis: weniger Anreize, mehr zu arbeiten.
„In Deutschland sind die Arbeitsstunden pro Mitarbeiter die niedrigsten in der gesamten OECD“, warnt Fuest. Der Zustand sei alarmierend, zumal dieser Trend nicht nur Männer betrifft, sondern auch Frauen. Zwar stieg die Anzahl an Teilzeitstellen für Frauen, doch die Vereinbarkeit von Familie und Arbeit bleibt ein ungelöstes Problem, das ebenfalls zu dieser Entwicklung beiträgt.
Die Auswirkungen auf die Zukunft der deutschen Wirtschaft
Fuest fordert eine drastische Änderung der Anreize: „Wir müssen die Arbeitsanreize erhöhen, um mehr Beschäftigung und bessere Wachstumschancen zu schaffen.“ Diese Erkenntnis hat weitreichende Konsequenzen. Für die Zukunft Deutschlands bedeutet dies, dass die Regierung gezielt an den sozialstaatlichen Leistungen drehen muss. Fuest plädiert dafür, entweder die Wohnbeihilfe zu senken oder weniger eigenes Einkommen bei der Berechnung der Beihilfe anzurechnen. Doch er sieht auch einen Haken: „Die zweite Option macht keinen Sinn, wenn man es nicht mit einer Steuerreform kombiniert.“
Der Verzicht auf zu hohe Transferzahlungen hat laut Fuest eine einfache, aber zwingende Logik: „Irgendwann müssen die Steuerzahler die Rechnung bezahlen.“ Wenn ein Großteil der Mittelschicht keine Steuern mehr zahlt, könne der Staat irgendwann nicht mehr finanziert werden.
Wirtschaftliche Impulse durch Steuererleichterungen und Investitionen
Doch es sind nicht nur die Sozialtransfers, die einer Reform bedürfen. Fuest betont auch die Notwendigkeit, Unternehmen zu entlasten, etwa durch eine Senkung der Unternehmenssteuern oder durch bessere Abschreibungen und Investitionsboni. Diese Vorschläge könnten nicht nur die Investitionen in Deutschland ankurbeln, sondern auch internationale Unternehmen anziehen, was wiederum den heimischen Markt stärkt.
„Wenn Deutschland die Unternehmenssteuern senkt, würde das ein starkes Signal an Unternehmen weltweit senden“
so Fuest. Die Schaffung eines günstigen steuerlichen Umfelds könnte hochprofitables Kapital anziehen und damit den Weg für nachhaltiges Wachstum ebnen.
Die Zukunft gestalten: Dringender Handlungsbedarf
Für die deutsche Wirtschaft geht es um weit mehr als nur eine kurzfristige Stabilisierung – es geht um die Schaffung von nachhaltigen Arbeitsplätzen und die Förderung von Innovation. Doch der Weg dorthin ist klar: Die Regierung muss nicht nur die sozialen Leistungen überdenken, sondern auch ein steuerfreundliches Klima für Unternehmen schaffen. Ohne diese Schritte könnte Deutschland im internationalen Wettbewerb zurückfallen. Die Uhr tickt, und der Handlungsdruck wächst.
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