Die deutschen Anbieter von Robotik- und Automationslösungen stehen vor einer nie dagewesenen Krise, meldet MSN. Der Abwärtstrend in der Branche hat sich dramatisch beschleunigt – und Experten warnen: Es geht nicht nur um eine konjunkturelle Schwäche, sondern um grundlegende, strukturelle Probleme. “Die Abhängigkeit von der Autoindustrie ist ein Klumpenrisiko,” erklärte Dietmar Ley, Vorsitzender von VDMA Robotik + Automation, gegenüber dem Handelsblatt.
Quelle: DPA Pictures
Dramatische Zahlen zeigen den Abstieg
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Der Umsatz der Branche sank im vergangenen Jahr um sechs Prozent auf 15,2 Milliarden Euro – und für dieses Jahr rechnet der Verband mit einem weiteren Einbruch von neun Prozent. Besonders dramatisch ist der Rückgang der Aufträge aus Deutschland, wo das Minus bei erschreckenden 16 Prozent liegt. Doch auch der internationale Markt schwächelt: Außerhalb der Euro-Zone gingen die Bestellungen um 13 Prozent zurück. Ursache Nummer eins: China. Nach der Corona-Pandemie erholte sich die dortige Wirtschaft langsamer als erwartet, und deutsche Unternehmen stehen vor vollen Lagern und ausbleibenden Neubestellungen.
Abhängigkeit von der Autoindustrie als Risiko
Die Dominanz der Autoindustrie als Hauptabnehmer erweist sich nun als Achillesferse der deutschen Anbieter. “Die klassische Autoindustrie steckt in einer Krise, während chinesische Hersteller bei der Elektromobilität bereits führend sind,” erklärt Branchenexperte Johannes Zuberer. Noch dramatischer ist der Vormarsch chinesischer Konkurrenten in der Robotik: Estun, der größte chinesische Roboterbauer, plant mit einem neuen Werk in Polen, auf Anhieb fünf bis zehn Prozent Marktanteil in Europa zu erobern. „Es ist beeindruckend, wie schnell sie neue Technologien integrieren und große Aufträge umsetzen können,“ kommentiert Ley.
Innovationsbremse durch Regulierung
Doch nicht nur die Unternehmen stehen in der Kritik. Auch die Politik wird für ihre Untätigkeit verantwortlich gemacht. „Deutschland bremst sich mit überbordender Regulierung selbst aus,“ warnt Ley. Besonders der Datenschutz erschwert die Entwicklung neuer Technologien in der Robotik, wo Datenanalyse und -austausch zentrale Themen sind. Zuberer fordert daher eine bessere steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung (F&E), um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können.
Quelle: DPA Pictures
Chancen in den USA und Osteuropa
Ein Hoffnungsschimmer ist die Reindustrialisierung in den USA, von der auch deutsche Anbieter profitieren könnten. Doch Patrick Schwarzkopf vom VDMA gibt zu bedenken: „Neue Fabriken entstehen vor allem in Osteuropa, wo die Rahmenbedingungen oft besser sind.“ Dennoch sei „Made in Germany“ in High-End-Segmenten weiterhin gefragt. Damit das so bleibt, müssen Unternehmen schneller auf Kundenbedürfnisse reagieren und bei Innovationen an Tempo zulegen.
Die Uhr tickt – und ohne grundlegende Reformen in Unternehmen und Politik droht einer einstigen Vorzeigebranche der Absturz. Deutschland verliert nicht nur Marktanteile, sondern auch seinen technologischen Vorsprung. Die Frage ist: Wacht jemand rechtzeitig auf?
Leave a comment