Das Wall Street Journal (WSJ), eine der renommiertesten und bekanntesten Wirtschafts- und Finanzzeitungen der Welt, schreibt aktuell über die dramatische Lage der deutschen Autoindustrie. Die 1889 in den USA gegründete Zeitung mit Hauptsitz in New York City berichtet, wie die zweitreichste Stadt Deutschlands, Ingolstadt, vor einem finanziellen Abgrund steht.
picture alliance / Daniel Kalker | Daniel Kalker
Das Aus für eine Branche?
Die zweitreichste Stadt Deutschlands, Ingolstadt, steht vor einem finanziellen Abgrund. Audi, einst der Goldesel der Region, hat seinen Glanz verloren. Mehr als €100 Millionen flossen jährlich aus den Steuerkassen des Mutterkonzerns Volkswagen direkt in die Stadt. Doch diese Einnahmen versiegen seit über einem Jahr. Audi meldete zuletzt einen Einbruch des operativen Gewinns um 91 % im dritten Quartal. Tausende Stellen in Deutschland fallen weg – mit verheerenden Folgen.
Kein Lichtblick in Sicht
China, einst der wichtigste Absatzmarkt, hat sich in einen Albtraum verwandelt. Der Absatz von Audi schrumpfte dort um ein Viertel. Deutsche Autobauer, die chinesische Hersteller lange belächelt haben, sehen sich nun einem übermächtigen Rivalen gegenüber. Billiger, innovativer und zunehmend dominant: China erobert den globalen Automarkt. Kombiniert mit explodierenden Energiekosten und drohenden Handelszöllen gleicht die Lage einer wirtschaftlichen Kernschmelze.
Verlierer eines kaputten Systems
Ingolstadt ist dabei kein Einzelfall. Die deutsche Industrie, jahrzehntelang Motor der Weltwirtschaft, schrumpft seit sieben Jahren. Seit 2018 ist die Industrieproduktion um 15 % eingebrochen. Allein in der Metall- und Elektroindustrie drohen 300.000 Arbeitsplätze verloren zu gehen. Stefan Wolf, Präsident des Branchenverbands, warnt vor einer massiven Deindustrialisierung. Mehr als €300 Milliarden an Investitionen haben seit 2021 Deutschland verlassen – ein fatales Signal.
Das ist der Anfang vom Ende
Christian Scharpf, Bürgermeister von Ingolstadt, versucht verzweifelt, die Stadt zu retten. Gebühren für Museen, Parkplätze und Busse wurden erhöht. Doch „Sie können ein Unternehmen mit 40.000 Mitarbeitern nicht einfach ersetzen“, gibt er zu. Audi, das Rückgrat der Stadt, zieht sich zurück – keine Weihnachtsfeiern, keine Großveranstaltungen, keine Investitionen. Selbst die Sommerfeste der Stadt stehen auf der Kippe.
Deutschlands fehlender Plan B
Die Politik steht ratlos da. Neue Ideen? Fehlanzeige. Anstatt den Fokus auf IT, erneuerbare Energien oder Technologie zu lenken, klammert sich Deutschland an die Vergangenheit. “Wir fixierten uns auf eine Branche – das Ergebnis ist ein zweites Detroit,” kommentiert eine lokale Unternehmerin. Energiepreise, zehnmal so hoch wie in Texas, und ein starres Regelwerk machen Deutschland unattraktiv.
Die Zeit drängt
Deutschlands Exportmodell ist tot. Ohne einen radikalen Kurswechsel droht ein sozialer und wirtschaftlicher Kollaps. Die Verantwortlichen stehen in der Pflicht, endlich die Rahmenbedingungen für neue Industrien zu schaffen. Die Frage ist: Wird Deutschland handeln, oder wird es in der Bedeutungslosigkeit verschwinden?
Leave a comment