Der Druck auf europäische Banken und Vermögensverwalter, sich zu vergrößern, um mit US-Konkurrenten besser mithalten zu können, nimmt seit Jahren zu. 2025 könnte nun ein Wendepunkt sein, da immer mehr Vorstandsetagen Fusionen und Übernahmen (M&A) ins Auge fassen, sagen Branchenexperten und Investoren.
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Starke Gewinne, aber wachsender Wettbewerb
Europäische Banken haben in den letzten zwei Jahren Rekordgewinne und steigende Aktienkurse erzielt. Dennoch bleiben sie deutlich kleiner als ihre US-Pendants, die dank Deregulierungen und einer aggressiveren Wachstumsstrategie weiter vorangekommen sind.
Mit der bevorstehenden Amtsübernahme des designierten US-Präsidenten Donald Trump im Jahr 2025 wird erwartet, dass Deregulierungen den US-Banken zusätzlichen Auftrieb geben. Dies könnte den Wettbewerb für europäische Institute weiter verschärfen.
„Es scheint sicher, dass M&A-Banker 2025 sehr beschäftigt sein werden, da ihre Arbeitgeber Rekordumsätze verbuchen“, sagte Patrick Lemmens, Fondsmanager bei Robeco. „Wir sehen deutlich mehr Aktivität in Bereichen wie alternativen Investments und FinTech.“
Große Übernahmen in Europa unter politischem Druck
Zu den größten Übernahmeangeboten des vergangenen Jahres gehörten BBVAs Angebot über 12 Milliarden Euro für Sabadell in Spanien und UniCredits Angebot über 10 Milliarden Euro für den italienischen Konkurrenten BPM Banco. Beide Deals stoßen jedoch auf politischen Widerstand. Experten erwarten, dass eine Genehmigung dieser Fusionen weitere Konsolidierungsbewegungen auslösen könnte.
Auch Vermögensverwalter stehen unter Druck. Sie müssen sich der wachsenden Konkurrenz durch kostengünstige passive Produkte stellen, die vor allem von größeren US-Anbietern dominiert werden. Beispielsweise wurde berichtet, dass Allianz Gespräche über eine mögliche Fusion ihrer Allianz Global Investors mit Europas größtem Vermögensverwalter Amundi geführt hat. Diese Gespräche wurden jedoch gestoppt.
M&A auf Rekordniveau
Im Jahr 2024 erreichte das Volumen der Fusionen und Übernahmen im europäischen Finanzsektor mit 52 Milliarden Euro das höchste Niveau seit neun Jahren, wie aus einer Analyse von EY hervorgeht. Davon entfielen zehn Transaktionen auf Deals im Wert von mehr als einer Milliarde Euro.
Insbesondere mittelgroße Vermögensverwalter wie die britischen abrdn und Schroders könnten für Übernahmen durch größere US-Institute interessant werden. „US-Firmen wachsen schneller als viele europäische Akteure und befinden sich daher in einer stärkeren Position“, erklärte Dean Frankle von der Boston Consulting Group.
Hürden bleiben bestehen
Trotz der gestiegenen Aktivität bleiben politische und regulatorische Hürden bestehen. UniCredits Übernahme eines Anteils an der deutschen Commerzbank löste im vergangenen Jahr eine politische Kontroverse aus, da befürchtet wurde, ein nationaler Champion könnte verloren gehen.
Falling Zinsen – die Europäische Zentralbank (EZB) plant für 2025 weitere Zinssenkungen um 100 Basispunkte – könnten zwar die Kapitalanforderungen für Übernahmen verringern, aber die regulatorischen Herausforderungen bleiben groß. Insbesondere der Mangel an einer vollständigen Bankenunion erschwert grenzüberschreitende Fusionen innerhalb Europas.
Ausblick: Unerwartete Deals möglich
Trotz aller Herausforderungen bleibt die Dynamik im Markt hoch. „Oft passieren die unerwarteten Dinge“, sagte Robecos Lemmens. „Häufig werden Deals angekündigt, die niemand erwartet hat.“
Analysten sind zuversichtlich, dass die EZB flexibler mit den sogenannten „dänischen Kompromissen“ umgehen wird, die es Banken ermöglichen, ihre Versicherungsbeteiligungen günstiger zu bewerten. Dies könnte den Weg für mehr Transaktionen ebnen, insbesondere bei Deals wie BNPs Angebot für die Fondsmanagement-Sparte von AXA.
Abzuwarten bleibt, wie politische Entwicklungen und regulatorische Entscheidungen die europäische Finanzlandschaft weiter beeinflussen werden.
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