Die Immobilienwirtschaft steht vor einer historischen Krise. Im Jahr 2024 hat sich die Zahl der Insolvenzen bei Immobilienunternehmen mit mehr als zehn Millionen Euro Umsatz mehr als verdoppelt. Laut einer Analyse der Unternehmensberatung Falkensteg stieg die Zahl von 32 auf 66 Fälle – ein alarmierender Anstieg um 106 Prozent. Besonders dramatisch zeigt sich die Entwicklung im Innenausbau, wo die Insolvenzen von 14 auf 40 nahezu verdreifacht wurden. Auch der Rohbau- und Projektierungssektor ist mit einem Plus von 52 Prozent auf 29 Fälle stark betroffen.
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Deutlicher Anstieg bei Insolvenzen
Im gesamten Jahr 2024 meldeten 630 Unternehmen aus der Immobilienbranche Insolvenz an – ein Anstieg von 18,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Besonders betroffen waren Großunternehmen mit Umsätzen über zehn Millionen Euro, wo die Insolvenzzahl von sechs auf 21 stieg. Diese Welle setzt sich 2025 fort: Experten erwarten hier einen weiteren Anstieg der Insolvenzen um rund 50 Prozent. Die Konsequenzen betreffen nicht nur die Unternehmen selbst, sondern auch ihre Zulieferer und Dienstleister, die bereits unter massivem Druck stehen.
„Eine der größten Transformationen unserer Zeit“
„Wir befinden uns in einer der größten Rezessionen und Transformationen, vergleichbar mit dem Wandel des Ruhrgebiets von der Kohle- zur Dienstleistungsregion“, erklärt Christian Alpers, Partner bei Falkensteg. Steigende Baukosten, höhere Zinsen und eine sinkende Nachfrage verschärfen die Situation. Besonders nachgelagerte Gewerke wie technische Gebäudeausrüster, Innenausbauer und Elektriker sind betroffen. „Die Erfolgsquote bei Sanierungen sinkt“, so Alpers. 2024 konnten nur noch 21 Prozent der insolventen Großunternehmen gerettet werden.
Ursachen und Folgen der Krise
Steigende Baukosten, explodierende Zinsen und eine allgemeine Investitionszurückhaltung gelten als Hauptursachen für die Krise. Gleichzeitig geraten Fonds mit festen Laufzeiten unter Druck, da viele Immobilien zu Spitzenpreisen erworben wurden und nun einen drastischen Wertverlust erfahren. Wer vor zehn Jahren für 100 gekauft hat, erhält heute oft nur noch 60 bis 70 Prozent des damaligen Wertes.
Die Insolvenzen wirken sich massiv auf den Arbeitsmarkt aus: 2024 waren rund 320.000 Arbeitsplätze betroffen, ein deutlicher Anstieg gegenüber den 205.000 des Vorjahres.
Uneinheitliche Trends in den Immobiliensegmenten
Während Büroimmobilien in zentralen Lagen mit ESG-konformen Standards (Umwelt, Soziales, gute Unternehmensführung) profitieren, verlieren periphere Standorte an Attraktivität. Wohnimmobilien verzeichnen eine hohe Nachfrage in Großstädten, doch ländliche Regionen kämpfen mit Leerstand und sinkenden Preisen. Industrieimmobilien stagnieren angesichts des Produktionsrückgangs.
Dringender Handlungsbedarf
Die Zahlen verdeutlichen: Ohne gezielte Maßnahmen droht eine weitere Verschärfung der Krise, die nicht nur die Immobilienbranche, sondern die gesamte deutsche Wirtschaft betreffen könnte. Branchenvertreter fordern von der Politik Anreize zur Stabilisierung des Marktes. Gleichzeitig sind Unternehmen gefordert, ihre Strategien anzupassen und auf Innovation zu setzen. ESG-konforme Optimierungen und aktives Bestandsmanagement können die Marktwiderstandsfähigkeit erhöhen.
Die Immobilienkrise zeigt: Die Zeit des Abwartens ist vorbei. Entscheider müssen jetzt handeln, um das Fundament der Branche zu sichern.
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