Eine Region vor dem wirtschaftlichen Kollaps
In Schwedt an der Oder droht der wirtschaftliche Ruin. Die traditionsreiche PCK-Ölraffinerie, Herzstück der regionalen Wirtschaft, steht vor einem Scherbenhaufen. Jahrzehntelang sorgte sie für Arbeitsplätze und Energieversorgung, doch nun könnte sie Opfer politischer Fehlentscheidungen werden. Einst war die Raffinerie eine zentrale Drehscheibe der Energieversorgung – sie deckt nach wie vor rund 90 Prozent des Bedarfs an Benzin und Diesel in Berlin und Brandenburg. Doch nach den Sanktionen gegen Russland musste sie ihre Rohölquellen diversifizieren, was zu erheblichen Herausforderungen führte.
picture alliance/dpa | Jörg Carstensen
Das Versprechen der Sanktionen: Putin treffen – und getroffen wurden deutsche Arbeiter
Als die Bundesregierung Sanktionen gegen russische Ölimporte verhängte, sollte das die russische Wirtschaft treffen. Doch die Realität sieht anders aus: Die 1.200 Mitarbeiter der Raffinerie und über 2.000 Zulieferer bangen um ihre Existenz. Die Sanktionen führten dazu, dass die Versorgung über die Druschba-Pipeline unterbrochen wurde. Neue Bezugsquellen, wie etwa aus Kasachstan, entpuppten sich als kostspielig und unzuverlässig. Die Auslastung der Anlage sank drastisch und liegt aktuell bei nur noch 76 Prozent – weit entfernt von den 98 Prozent vor der Krise.
Versprechen ohne Substanz: Die grüne Wasserstoff-Fantasie
Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, kündigte großspurig den Übergang in das Wasserstoffzeitalter an. Doch während Milliarden für Studien und Zukunftsvisionen flossen, fehlt es der Raffinerie an konkreten Perspektiven. Ein Ingenieur bringt es auf den Punkt: „Wir produzieren jetzt Steuergeldverluste, keine Energie.“ Der mit Steuergeld subventionierte Umbau verzögert sich seit über einem Jahr. Zudem wurden Pläne mit Siemens Energy aufgrund mangelnder Wirtschaftlichkeit auf Eis gelegt.
Arbeitsplatzsicherung: Ein leeres Versprechen?
Um die politische Wut zu dämpfen, wurden den Mitarbeitern vorübergehende Arbeitsplatzgarantien gegeben. Doch diese Zusagen laufen aus, während sich die wirtschaftlichen Aussichten weiter verdüstern. „Wir wurden hingehalten“, kommentiert ein langjähriger Mitarbeiter der Raffinerie resigniert. Die Bundesregierung hat die Garantien für die Arbeitsplätze zwar bis Juni 2025 verlängert, doch eine langfristige Lösung ist nicht in Sicht. Gespräche über den Einstieg Katars in die Raffinerie-Anteile und das Scheitern des Verkaufs der Shell-Anteile an die Prax-Gruppe verdeutlichen die Unsicherheiten.
Die Verantwortung liegt bei der Bundesregierung
Offizielle Auskünfte zeigen, dass weder das Bundeswirtschaftsministerium noch das Außenministerium die Folgen der Sanktionen für deutsche Arbeitsplätze analysiert haben. Stattdessen weist man jede Verantwortung von sich: „Die Entscheidung, russisches Öl nicht mehr zu importieren, lag bei den Unternehmen“, heißt es nun aus Berlin. Dieses Argument empfinden viele als blanken Hohn. Die komplexe Eigentümerstruktur erschwert zudem eine klare Strategie: 54 Prozent der Anteile gehören dem russischen Staatskonzern Rosneft, der unter staatlicher Treuhandverwaltung steht.
Ein Schicksal, das vermeidbar gewesen wäre
Die Schwedter Raffinerie war einst ein Symbol für wirtschaftliche Stabilität. Jetzt steht sie für das Scheitern einer Politik, die internationale Ambitionen über nationale Realitäten stellt. Für die betroffenen Familien in Schwedt bleibt die Erkenntnis: Sie wurden geopfert – im Namen einer Strategie, die mehr Schaden angerichtet hat als Nutzen brachte.
Forderungen an die Politik
Es ist Zeit, dass die Bundesregierung ihre Fehler eingesteht und konkrete Maßnahmen zur Rettung der Arbeitsplätze einleitet. Notwendig sind pragmatische Lösungen, die den Erhalt der Raffinerie sichern und eine erneute wirtschaftliche Katastrophe verhindern. Die geplante Beteiligung des Bundes könnte dabei ein erster Schritt sein. Das Beispiel Schwedt ist eine Warnung: Ideologie darf nicht über der Realität stehen.
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